Jugendarbeit und Schule in Kooperation
Im Schuljahr 2017/2018 arbeiten bereits 63 Prozent aller Schulen in Hessen ganztägig, sind also eine Ganztagsschule (GTS) oder eine ganztägig arbeitende Schule (GTA). Mit diesem quantitativen Wachstum soll dem Hessischen Kultusministerium (HKM) zufolge auch ein qualitativer Ausbau der Ganztagsbildung einhergehen. Die 2011 verabschiedete neue Richtlinie für ganztägig arbeitende Schulen umfasst daher einen Qualitätsrahmen mit hohen Maßstäben, die die Schulen des jeweiligen Profils nach einer gewissen Übergangsfrist erfüllen müssen. Die Richtlinie trifft auch konkrete Aussagen darüber, wie die Kooperation mit außerschulischen Bildungsträgern, wie z.B. Jugendverbänden, gestaltet sein muss.
Dass Jugendverbände mit ihren Angeboten Ganztagsschulen bereichern und einen wichtigen Beitrag zum qualitativen Ausbau der Ganztagsbildung leisten, belegen zahlreiche bestehende Angebote von verschiedenen Verbänden überall in Hessen. Das Potential ist jedoch bei weitem nicht ausgeschöpft. Die überwiegend ehrenamtlichen Strukturen der Jugendverbände sind oftmals überfordert mit dem hohen Aufwand, der mit dem Aufbau von Kooperationen verbunden ist. Hier sind Strukturen noch immer notwendig, die Kooperationen erleichtern und auch ehrenamtlich geprägten Trägern der Jugendarbeit einen besseren Zugang zu den Ganztagsschulen ermöglichen.
Weiterentwicklung der politischen Forderungen
Parallel zum Ausbau und der Weiterentwicklung der Ganztagsbildung in Hessen stellen sich auch für die Jugendverbände immer wieder neue Herausforderungen. Der Hessische Jugendring greift diese Bedarfe auf und schaut zudem mit einem jugendorientierten Blick auf die aktuellen schulpolitischen Entwicklungen. Als Interessenvertretung aller jungen Menschen in Hessen setzt sich der Hessische Jugendring für eine Schule ein, die die Interessen und Bedarfe von Kindern und Jugendlichen in den Mittelpunkt rückt. Hinsichtlich der Ganztagsbildung gilt es weiterhin, die Jugendarbeit im Sinne einer ganzheitlichen Bildung in die Schulen zu integrieren und gleichzeitig Rücksicht auf die Strukturen der Jugendarbeit außerhalb von Schule zu nehmen.
Der hjr im Austausch mit der Politik
Der Hessische Jugendring ist im stetigen Dialog mit der Landespolitik. In regelmäßigen Treffen erörtert der hjr zusammen mit Vertreter_innen aus dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, dem HKM und der Serviceagentur „ganztägig lernen“ in Hessen die aktuellen Entwicklungen im Ausbau der Ganztagsbildung in Hessen und mögliche Wege, die Rahmenbedingungen für Kooperationen zu verbessern.
Aktuelle Entwicklungen: Der Pakt für den Nachmittag
Im Schuljahr 2015/2016 wurde mit dem „Pakt für den Nachmittag“ ein Vorhaben der schwarz-grünen Landesregierung gestartet, das bis 2020/2021 an allen hessischen Grundschulen, die das wünschen, ein verlässliches Bildungs- und Betreuungsangebot von 7.30 bis 17.00 Uhr schaffen soll. Darüber hinaus soll es schulisch integrierte Ferienangebote geben, die auch in drei Wochen der Sommerferien eine Betreuung von Grundschüler_innen gewährleisten.
Der Hessische Jugendring und seine Verbände begleiten die Entwicklung und die Umsetzung des „Paktes für den Nachmittag“ mit konstruktiver, aber deutlicher Kritik, denn er enthält Neuerungen hinsichtlich der Ganztagsangebote, die für die Jugendarbeit außerhalb von Schule schwerwiegende Folgen haben können (siehe Positionen).
Ein Blick zurück …
Politische Rahmenvereinbarung (2005)
Schon 2005 haben das Hessische Kultusministerium, das Hessische Sozialministerium und der Hessische Jugendring eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit von Schulen und Jugendverbänden im Rahmen ganztägig arbeitender Schulen in Hessen geschlossen. Die Vereinbarung bietet noch immer einen Rahmen für die Zusammenarbeit zwischen ganztägig arbeitenden Schulen und den Mitgliedsverbänden des Hessischen Jugendrings.
"Mehr Raum für Bildung" (2008)
Im Jahr 2008 hat der Hessische Jugendring sein bildungspolitisches Positionspaper „Mehr Raum für Bildung“ verabschiedet, das u.a. mehr Kooperationen zwischen Schule und außerschulischen Bildungsträgern und die Entwicklung eines Systems der Ganztagsbildung mit allen im Sozialraum engagierten Bildungsträgern fordert.
Projekt: Servicestelle "Kooperation konkret" (2007-2009)
Zur modellhaften Konzeptionierung und Initiierung von Kooperationen zwischen Jugendverbänden und Schulen richtete der Hessische Jugendring im Landkreis Offenbach für eine Projektdauer von drei Jahren (2007 bis 2009) eine Servicestelle ein, die die Kooperationen zwischen den dortigen Ganztagsschulen und außerschulischen Partnern aus der Jugendarbeit unterstützte und koordinierte. Als Konzept für die zukünftige Zusammenarbeit von Jugendverbänden und Schulen entwickelte der Hessische Jugendring daraufhin das Trägermodell „Ganztagsbildung“, das auf den Erfahrungen aus dem Modellprojekt aufbaute, sich in den Verhandlungen mit der hessischen Landespolitik jedoch nicht durchsetzen konnte.
AG „Jugendarbeit und Schule“ und Vernetzungstreffen der Jugendverbände (2011-2013)
Im Oktober 2011 wurde die Verbände-AG „Jugendarbeit und Schule“ gegründet, die später von Vernetzungstreffen abgelöst wurde. Bei regelmäßigen Sitzungen wurden die aktuellen Herausforderungen und zukünftigen Perspektiven der Kooperationen zwischen Jugendverbänden und Ganztagsschulen erörtert. Die Verbände waren aktiv an der Entwicklung eines neuen Konzepts der regionalen Koordination von Ganztagskooperationen beteiligt.